MEHR ALS EINE FARBE
DAS TIEFSTE BLAU
VERLEIH: ALAMODE FILM
KINOSTART: 25. SEPTEMBER 2025
Tereza (Denise Weinberg) arbeitet in einer Alligatorverarbeitungsanlage in Brasilien. Sie hat Freunde innerhalb und außerhalb der Arbeit, sieht ihre vielbeschäftigte Tochter jedoch selten. Mit 77 Jahren ist sie noch sehr unabhängig und in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Die Regierung berücksichtigt dies jedoch nicht, wenn sie beginnt, ihre Definition älterer Menschen auf Menschen wie Tereza zu projizieren.
Es beginnt harmlos mit sinnlosen Auszeichnungen und einer Medaille für ihr hohes Alter. Dann erfährt Tereza, dass sie keine Rechte mehr hat. Bis sie in die Altenkolonie geht, muss ihre Tochter alle wichtigen Entscheidungen genehmigen. Doch Tereza weigert sich, ihre Entscheidungsfreiheit aufzugeben und sich diesen willkürlichen Regeln zu unterwerfen.
Schließlich als Tereza in die Altenkolonie zwangsumsiedeln werden soll, regt sich echter Widerstand in ihr. Dem Transport dorthin entzieht sie sich heimlich. Doch die Behörden nehmen nun die Verfolgung auf.
So gerät Tereza an Cadu (Rodrigo Santoro), der sie per Anhalter auf ein Flussboot mitnimmt. Cadu ist bereit für Geld Risiken einzugehen. Der Start ist holprig, doch schließlich schließt sich eine flüchtige Freundschaft. Er macht sie auch mit der blauen Sabberschnecke bekannt, die angeblich magische, bzw. halluzinogene, Kräfte besitzt. Als Nächstes begegnet ihr der am Boden gebliebener Ultraleichtpilot Ludemir (Adanilo), der ihr scheinbar nur leere Versprechungen macht, statt sie mit seinem Flugzeug in Sicherheit zu bringen.
Doch schließlich findet Tereza die Missionarin Roberta (Miriam Socarrás), die von Hafen zu Hafen reist und digitale Bibeln verkauft. Nach und nach kommen sich die beiden näher und Tereza findet in Roberta eine treue Gefährtin.
Der Brasilianische Regisseur und Drehbuchautor Gabriel Mascaro skizziert in „Das tiefste Blau“ eindeutig eine dystopische Entwicklung in seinem Heimatland.
Dies ist mittlerweile der zweite Film des Regisseurs über eine nahe Zukunft, in der die neuen Regeln und Vorschriften des Landes die Freiheiten einiger Gruppen der Bevölkerung einschränken oder zu Zwangsmaßnahmen führen. In „Divine Love (2019)“ vermischt sich eine allumfassende Form staatlich geförderten evangelikalen Christentums mit der Förderung polyamoröser sexueller Freizügigkeit, in der Hoffnung, die Fortpflanzung zu fördern. Sein neuer Film „Das tiefste Blau“ konzentriert sich auf die Sicht des Kapitalismus auf ältere Menschen, Ressourcenknappheit, Wachstum und Bevölkerungssorgen. Jeder über einem bestimmten Alter wird in die „Kolonie“ geschickt, eine Siedlung, über die niemand wirklich etwas weiß und aus der niemand zurückkehrt.
Gabriel Mascaros Filme sind in der Regel um ein bestimmtes, meist sexuelles Bild herum aufgebaut: Zwei Menschen, die Sex auf einem riesigen Kokosnusshaufen haben in „August Winds (2014)“, der Anblick einer Orgie unter christlichem Neonlicht in „Divine Love“ und der titelgebende „Neon Bull (2015)“ in seinem bisher erfolgreichsten Film. Das Alter seiner Hauptprotagonistin in diesem Film zwingt ihn, seinen Fokus etwas zu verschieben, und die hier gezeigten Szenen ähneln eher einigen seiner früheren Arbeiten als Dokumentarfilmer. Ein riesiger Haufen weggeworfener Reifen, die nur noch von der Abholzung der Kautschukbäume im Regenwald existieren, ein schwimmendes Casino auf Booten und das seltsame Design elektronischer Bibeln einer Verkäuferin, mit der Tereza später auf ihrer Reise eine homoerotische Freundschaft schließt. „Das tiefe Blau“ dauert weniger als 90 Minuten und ist auf seiner Reise mit geringem Einsatz recht schnell vorbei, aber das ist sein Vorteil: Es ist eine Kurzgeschichte über die kleinen Offenbarungen einer Frau im Alter und ihre Selbstfindung, und die Dinge bewegen sich in einem munteren Tempo, das vermittelt, wie schnell man etwas abschließen muss, wenn das Ende in Sicht ist.
Seine Hauptdarstellerin Denise Weinberg geht in ihrer Rolle voll auf und spielt diese so eindringlich, dass das Publikum von Anfang die Essenz der Handlung mitbekommt!
Dieser Film ist wirklich ein seltenes Kleinod, was man unbedingt gesehen haben muss! jens oliver marcks
